21.10.2019, 07:31
Wallis: Grüner Sieg und christlichsoziale Bruchlandung mit Ansage
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DIe CSPO muss nach der Abwahl von Thomas Egger über die Bücher, kommentiert rro-Chefredaktor Michel Venetz.
Bildquelle: rro'/mengis media
Die CSPO verliert ihren Natioanalratssitz an die Grünen, welche Geschichte schreiben. Der Absturz der Gelben ist selbstverschuldet. Die Partei muss über die Bücher. Ein Kommentar.

Der 20. Oktober 2019 wird in die Geschichte eingehen. Mit Christophe Clivaz schaffte im Wallis erstmals ein Politiker der Grünen den Einzug in den Nationalrat. Dementsprechend gross war im grünen Lager am Sonntagabend die Freude. Besonders auch bei Brigitte Wolf, welche bei den Ständeratswahlen 24'799 Stimmen holte und nur knapp hinter dem FDP-Schwergewicht Philippe Nantermod landete. Wolf konnte am Sonntag die Ernte ihrer jahrelangen Aufbauarbeit an der Basis der Oberwalliser Grünen einfahren. Das Resultat der Grünen im Oberwallis lässt aufhorchen. Mit lauter Nobodies auf der Liste holten sie 11'578 Stimmen und kamen der SP Oberwallis, welche 16'657 Stimmen holte, bedrohlich nahe. Brigitte Wolf liess am Sonntagabend gegenüber rro durchblicken, dass ihre Partei bei den kommenden Grossratswahlen mit der SPO wieder gemeinsam an den Start gehen wird. Wenn die Klimapolitik auch in den nächsten Jahren das dominierende Thema bleiben wird, und die Grünen im Oberwallis in Zukunft auch Kandidaten finden, welche über die Parteigrenzen hinaus Stimmen holen, könnten sie weiter wachsen. Das sehr gute Resultat der Grünen im Oberwallis muss der SP zu denken geben. Sie muss aufpassen, dass sie von den Grünen im oberen Kantonsteil nicht plötzlich links überholt wird.

Die grossen Verlierer des Wahlsonntags sind die Christlichsozialen. Ihr Spitzenkandidat Thomas Egger wurde vom Stimmvolk abgewählt. Es war eine Abwahl mit Ansage. Seit Jahren verlieren die Christlichsozialen im Oberwallis kontinuierlich an Terrain. Besonders in den grossen Talgemeinden ist die Partei nur noch ein Schatten ihrer selbst. Einzig in Gampel und in Steg stellen die Gelben noch den Gemeindepräsidenten. In Naters und Brig-Glis kommt die Partei bei kommunalen und regionalen Wahlen seit Jahren nicht mehr richtig auf Touren. Auch am Sonntag waren die Ergebnisse aus Naters und Brig-Glis aus christlichsozialer Sicht ernüchternd. Sinnbildlich für die Baisse der Christlichsozialen im Oberwalliser Talgrund ist auch die Gemeinde Visp. Jahrzehntelang war das Lonzastädtchen die Hochburg der CSPO und das Präsidium fest in ihrer Hand. Tempi passati. In Visp hat die einst so mächtige und stolze Ortspartei nur noch zwei Sitze im Gemeinderat, wo die CVP nun den Ton angibt. Die Terrainverluste der CSPO in der Talebende macht sich auch seit Jahren regelmässig bei den regionalen und nationalen Wahlen bemerkbar. Mit der Wahllokomotive Roberto Schmidt konnten diese noch kaschiert werden. Doch seit dieser im Staatsrat sitzt, ist das nicht mehr möglich. Die Folge waren Sitzverluste bei den Grossratswahlen 2017 und den Verfassungsratswahlen 2018. Bei den Nationalratswahlen am Sonntag folgte für die Gelben mit der Abwahl von Thomas Egger nun der nächste Rückschlag. Es war eine Abwahl, die sich abzeichnete. Die Christlichsozialen hatten Mühe, eine gute Liste zusammenzustellen. Eigentlich wollte die Partei bereits Ende Januar die Liste präsentieren. Doch daraus wurde nichts. Die Suche nach geeigneten Kandidaten zog sich bis in den späten Frühling in die Länge. Schlussendlich stand eine Liste. Auf dieser fehlten aber grösstenteils die politischen Schwergewichte, wie sie die Schwesterpartei, die CVP Oberwallis, mit mehreren Gemeindepräsidenten vorweisen konnte. Auf der Liste der Gelben war mit Gerhard Kiechler nur ein Gemeindepräsident vertreten. Ausserdem war es ein Fehler, im Bezirk Brig neben Diego Wellig keinen weiteren Kandidaten aufzustellen. Auch im Bezirk Visp fehlte neben Thomas Egger und der Newcomerin Danica Zurbriggen-Lehner eine Wahllokomotive. Die Quittung folgte am Sonntagabend. Die CSPO machte mit ihrer Hauptliste noch rund 62'000 Parteistimmen. Vor vier Jahren waren es weit über 88'000 gewesen. Im Oberwallis ist damit die CSP nur noch die drittstärkste Kraft und liegt deutlich hinter der CVP und der SVP. Die CVP ihrerseits machte ein sehr gutes Ergebnis im Oberwallis und zementierte mit über 83'000 Stimmen ihre Vormachtstellung als deutlich stärkste Partei im Oberwallis. Im Vergleich zu den Wahlen im Jahr 2015 büsste die CVPO aber fast 10'000 Parteistimmen ein. Als klare Nummer zwei im Oberwallis konnte sich die SVP mit über 78'000 Stimmen einreihen. Im Vergleich zu den Wahlen von 2015 sind das rund 8000 Parteistimmen weniger. 

Die Christlichsoziale Partei hat am Wahlsonntag eine harte Bruchlandung erlitten. Nun muss die Partei über die Bücher. Eine Schlüsselfunktion wird dabei dem Nachfolger des abtretenden Parteipräsidenten Alex Schwestermann zukommen. Aller Voraussicht nach wird die Nachfolge Konstantin Bumann antreten. Es dürfte keine leichte Aufgabe werden. Bumann muss die Partei wieder aufrichten. Es muss Bumann gelingen, den einzelnen Ortsparteien, besonders jenen im Bezirk Visp und in den grossen Talgemeinden, wieder neues Leben einzuhauchen. Nur wenn die Basis wieder auf Kurs ist, wird die Partei in Zukunft auch wieder Kandidaten vom Kaliber eines Roberto Schmidts stellen können, welcher bei Wahlen stark mobilisieren kann. Ansonsten dürfte es für die Christlichsozialen schwierig werden, in Zukunft einen National- oder auch einen Staatsrat stellen zu können.

Momentan ist Roberto Schmidt praktisch der einzige Lichtblick für die Gelben. Auch im Hinblick auf die nächsten Ständeratswahlen in vier Jahren. Denn geht es nach dem Willen des amtierenden Ständerats Beat Rieder sind dann die Gelben im internen C-Turnus wieder an der Reihe, wie er am Sonntagabend in der CSPO-Parteizentrale in Visp durchblicken liess. Als Kandidat kommt da momentan eigentlich nur Roberto Schmidt infrage./vm