24.11.2016, 15:36
Siders: Forderung nach sozialer Inklusion
Christian Lohr, Nationalrat aus dem Kanton Thurgau, setzt sich aktiv für die soziale Inklusion ein.
Bildquelle: rro
In den letzten Jahren gab es zwar Fortschritte, der Weg zur vollen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben im Wallis ist noch lang.

Die Stiftung Emera organisierte in Zusammenarbeit mit der Hochschule für Soziale Arbeit Valais/Wallis und dem Forum Handicap Valais-Wallis am Donnerstag in Siders ein Forum, das den Grad der Umsetzung der UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung beurteilen sollte. Neben Referaten von Experten konnten Menschen mit Behinderungen am runden Tisch ihre Sichtweise äussern.

Der Grad der Umsetzung der Konvention, welche die Schweiz 2014 ratifiziert hat, ist heute schwer zu beurteilen. Eine systematische Überprüfung der Auswirkung auf das tägliche Leben der Menschen mit Behinderungen fehlt. Überall in der Schweiz bestehen verschiedene, regelmässig auftretende Probleme, für welche die Konvention noch keine befriedigenden Lösungen vorantreiben konnte. "Es ist wichtig, dass dafür alle Instanzen zusammen arbeiten", sagte Caroline Hess-Klein im rro-Gespräch. 

Konkret wiesen die Veranstalter des Forums am Donnerstag darauf hin, dass der Zugang zu Beschäftigung und Berufsbildung für viele Menschen mit Behinderungen, vor allem der geistig und psychisch Behinderten, schwierig sei. Obwohl qualifiziert und motiviert stünden sie im Zugang zum ersten Arbeitsmarkt oft vielen Hindernissen gegenüber. Weiter thematisierten die Veranstalter die schulische Inklusion. Kinder und Jugendliche mit Behinderungen würden oft gedrängt, eine Sonderschule zu besuchen, obwohl sie sich, bei entsprechender Unterstützung, in eine reguläre Schule integrieren könnten. Im Fokus standen auch bauliche Massnahmen und Verkehrsmittel. Die heutige Barrierefreiheit sei immer noch ungenügend für Menschen mit Behinderungen. Die unbegrenzte Zugänglichkeit sei ein wesentliches Kriterium für eine erfolgreiche soziale Teilhabe. Und schliesslich machten die Verantwortlichen darauf aufmerksam, dass Menschen mit Behinderungen oft keine Möglichkeit hätten, ihren Lebensraum zu wählen. Das Angebot von unterstützenden Massnahmen für das Leben zu Hause sei noch lückenhaft und teure und nicht erwünschte Platzierungen in spezialisierten Institutionen liessen sich damit nicht vermeiden.

Die Veranstalter des Forums fordern, dass die UNO-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene angewendet werden sollte. Im Wallis müsse ein Programm entwickelt werden, das die Umsetzung gewährleiste. "Bisher entstanden alle realisierten Projekte aus der Hand von Freiwilligen. Es ist wichtig, dass sich der Staat darum kümmert", verlangte Pierre Margot-Cattin, Dozent der Hes-so Valais/Wallis. Aus dieser Überlegung heraus definierten die Verantwortlichen vier prioritäre Forderungen zuhanden von Politik und Kantonsverwaltung: 
- In Einklang mit der nationalen Behindertenpolitik soll eine umfassende kantonale Behindertenpolitik definiert werden.
- Das kantonale Gesetz über die Integration von Menschen mit Behinderungen soll revidiert werden mit dem Ziel, sich an einer besseren sozialen Teilhabe zu orientieren.
- Die Umsetzung der UNO-Konvention und des kantonalen Gesetzes über die Integration von Menschen mit Behinderungen soll durch ein unabhängiges Gremium überwacht werden.
- Die Erwartungen und Prioritäten der Benutzer sollen in einer Studie definiert werden. Ein zu schaffender Praxis-Leitfaden könnte die Rechte von Menschen mit Behinderungen der kantonalen und kommunalen Verwaltung näherbringen und sie in deren Anwendung unterstützen.

Aufgrund des Erfolgs dieses Forums in Siders und der Bedeutung des Themas für Menschen mit Behinderung plant die Stiftung Emera für die nächsten Jahre weitere ähnliche Tagungen./wa